Der Freiburger Gemeinderat hat Ende April 2015 den 1,7 Milliarden schweren Doppelhaushalt für die Jahre 2015/2016 beschlossen. Irene Vogel zieht hier ihr Fazit.

Noch nie waren wir Unabhängigen Listen mit unseren Haushaltsanträgen erfolgreicher als dieses Mal. Dafür gibt es mehrere Erklärungen:

  1. Für manches braucht es einen langen Atem. So haben wir z.B. mehr Personal für die Jugendzentren in Zähringen, Herdern und dem Freiburger Osten schon in Haushaltsberatungen früherer Jahre gefordert, aber jetzt erst erreicht. Zur Durchsetzung eines Sozialtickets brauchen wir leider einen weiteren Anlauf. Noch sind die Fraktionen Grüne, CDU, SPD, FW nicht bereit eine Million p.a. für die gesellschaftliche Teilhabe und Mobilität für Flüchtlinge, Hartz IV und Grundsicherungsempfängerinnen auszugeben.
  2. Anderes, wie z.B. die Jugend-Wohnungslosigkeit muss erst so eklatant steigen, dass der Gemeinderat seine Augen nicht weiter davor verschließen kann. So erreichten wir endlich Zuschusserhöhungen für die Freiburger Straßenschule und die Jugendberatung.
  3. Der Bürgerentscheid spielt wohl auch eine Rolle. Wie stünden die Befürworter im Gemeinderat da, wenn viele städtische Millionen zwar in ein neues SC-Stadion fließen werden, aber für soziale und kulturelle Belange ein paar zehntausend Euro verweigert werden.
  4. Zudem hat die Kommunalwahl auch die Zusammensetzung im Gemeinderat positiv verändert. Die UL sind nicht mehr die einzigen NonKonformen. Auch die junge Fraktion JPG ebenso wie Freiburg Lebenswert/FF agieren von Parteiinteressen unabhängig. So orientieren wir und sie sich eben mehr an den Notwendigkeiten in der Stadt. Wohl auch darum haben diese 8 Gemeinderät/innen fast alle unsere Anliegen unterstützt.

Schon in der zweiten Lesung fanden wir Mehrheiten für höhere Zuschüsse: für das FMGZ, die Schwule Filmwoche und die Lesbenfilmtage, für FLUSS (pädagogische Angebote für Schulen zu Geschlecht und sexueller Orientierung) u.v.a. wie auch erstmals eine institutionelle Förderung für PINK, eine Beratungsstelle für Prostituierte.

In der dritten Lesung haben wir mehr Geld für den Beginn der Sanierung des Haus der Jugend durchgesetzt und weitere Zuschusserhöhungen für soziale und kulturelle Einrichtungen. Die seit 25 Jahren hervorragende Arbeit des Mütter- und Familienzentrums Klara im Stühlinger mit einem städtischen Zuschuss von 30 T€ zu unterstützen und damit zu würdigen, gelang uns leider nicht  – aber „wir kommen wieder“.

Mit der Verabschiedung des Doppelhaushalts wurden auch viele wichtige familienpolitische Maßnahmen für Kinder und Jugendliche, für Bildung und Betreuung beschlossen. Darüber freue ich mich als Unabhängige Frauen Stadträtin natürlich sehr.

Nun zu Schule und Bildung: An erster Stelle sei der schnellere Ausbau der Adolf-Reichwein-Schule zur Ganztagsschule genannt. Das ist uns deshalb so wichtig, weil wir damit die Voraussetzung schaffen, die Kinder in diesem einkommensärmsten Stadtteil Freiburgs besser fördern zu können und damit in Wein-garten ein bisschen mehr Chancengleichheit herstellen…

Auch die vorgezogene Planung einer Cafeteria für die Schönbergschule wird dazu führen, dass diese Schule ebenfalls schneller Ganztagsgrundschule werden kann. Endlich wird auch die Staudinger Gesamtschule saniert, bzw. abgerissen und neugebaut. Weil wir das pädagogische Konzept der Schule sehr zu schätzen wissen, unterstützen wir sie auch in ihrer Forderung nach Erhalt des Werkspielplatzes und -hauses.

Schwer zu akzeptieren ist für uns, dass unser Antrag abgelehnt wurde, die Sanierung des Lycée Turenne-Westflügels, der seit Jahrzehnten schon unbenutzbar ist, anzugehen. Die angrenzenden Emil-Thoma-Schulen ebenso wie das Walter-Eucken- Gymnasium und die Richard-Mittermayer-Schule haben großen Raumbedarf, der im Westflügel und der angrenzenden Sporthalle locker befriedigt werden könnte.

Investitionen in Schulbauten sind aber nicht Alles. Um Kinder und Jugendliche zu fördern, braucht es vor allem auch „Beziehungsarbeit“ und Menschen, die diese Beziehungen knüpfen und fördern. Wie in der Schulsozialarbeit. Der weitere Ausbau ist beschlossen, aber noch sind die Grundschulen nicht versorgt und Ende 2016 erst 7 der 9 Gymnasien.

Das Schulkind-Betreuungskonzept ist uns sehr wichtig, ist es doch die Grundlage zur Vereinbar-keit von Familie und Beruf. Auch die neue Regelung Geschwisterbeiträge zu senken, egal ob die Familien mehrere Kinder in einer Schule, einem Hort oder einer Kita haben, war überfällig. Aber wir sind, wie auch der Gesamtelternbeirat nicht damit einverstanden, dass die Geschwisterer-mäßigung nur für den Schulkind- und nicht für den teureren Kita-Platz angewandt wird. Das ist weder logisch noch familienfreundlich.

Wir müssen die Kosten für die Bildung senken! Für die Eltern mit mittleren Einkommen nehmen die Belastungen immer mehr zu und sind zusammen mit den steigenden Mieten für immer weniger Familien bezahlbar. Eltern bezahlen ja nicht nur Kita-Gebühren und Nachmittagsbetreu-ungskosten an Schulen, sondern auch die Schüler/innen-Regiokarte, die inzwischen 29 Euro kostet, die Spindgebühren in den Schulen, die Bücher und Materialien, die Schulausflüge und Land-schulaufenthalte und siehe den nächsten TOP des Gemeinderats, auch das Schulmittagessen. Das Alles müssen Familien aufbringen für die Bildung ihrer Kinder – viel zu viel und unserer Mei-nung müsste all das kostenlos sein.

Das Mittagessen ist Bestandteil von Ganztagschule. Künftig soll es einheitlich 3,90 € kosten, ein sehr hoher Preis und weitere 75 Euro Belastung pro Monat für die Eltern. Ein höchst mittelmäßiges Essen, von Caterern zubereitet, geliefert und ausgeteilt und die Reste wieder eingesammelt, wird künftig durch die Stadt mit 380.000 Euro bezuschusst werden. Muss das wirklich sein? Es geht auch besser, so wie an der Staudinger: Hier gibt es noch eine echte Mensa, mit einer Küche, in der durch städtische Köchinnen und ehrenamtliche Küchenhilfen gekocht und serviert wird. Das kostet die Stadt natürlich auch Geld, aber die Eltern werden weniger belastet. Und vor allem bietet diese Form in jeder Hinsicht mehr Qualität, denn ein festes Küchenpersonal trägt eben auch zur Identifikation der Kinder mit ihrer Schule bei. Das gemeinsame Essen ist wichtiger Teil des Schulalltags und das Outsourcen an Caterer nicht der richtige Weg. Leider haben die meisten Schulen inzwischen nur mit einer Cafeteria, aber keine große Schulküche, deshalb wünschen wir uns zumindest eigenes Personal für die Essensausgabe, auch weil sie feste Bezugspersonen für die Kinder und die Schulen wären. Die Mooswald- und die Richard-Mittermaier-Schule praktizie-ren dieses Modell, der Essenspreis beträgt 3,20 und die jährlichen Personalkosten 36.000 €. Das sollte es uns zumindest wert sein.

Diese Drucksache werden wir ablehnen, weil wir das Gesamtkonzept „Fremdvergabe von Mittagessen“ nicht für akzeptabel halten – weder für die Schulkinder selbst, noch für die Eltern deren Kosten. Wir hoffen auch, dass die Bürgermeisterin nicht auf die Idee kommt, dieses Essens-Konzept und diesen hohen Preis auch noch auf die Kitas übertragen zu wollen. Im Gegenteil: wir bitten Sie sehr, weiter nach besseren und preiswerteren Lösungen für die Eltern zu suchen, auch wenn der städtische Zuschuss dafür erhöht werden muss.