„Rettet unsere Hebammen!“

Am Samstag, dem 10. Mai, erreichte der Protest der Hebammen gegen ruinöse Versicherungssummen einen neuen Höhepunkt: Hunderte trafen sich auf dem Freiburger Rathausplatz und zogen anschließend in einem langen Demonstrationszug durch die Stadt. Motto: Rettet unsere Hebammen!

Der Rathausplatz war als Protestplattform nicht von ungefähr gewählt. Denn die Freiburger Gemeinderätinnen hatten in einem Offenen Brief an den Oberbürgermeister Anfang März gefordert, die Situation der freien Hebammen in den Städtetag zu tragen. Die Antwort des OB kam Mitte April: der Städtetag habe das Problem als dringende Aufgabe an Bundestag, Bundestagsfraktionen und Länderkammer weitergeleitet, weil in diesem Fall der Gesetzgeber gefordert sei.

Bei den Betroffenen kommt diese Aktion nach anfänglicher Zustimmung inzwischen schlecht an. Beim „Tag der Hebamme“ am vergangenen Montag schlug Martina Herrmann als Vertreterin der Unabhängigen Frauen, deren Gemeinderätin Irene Vogel den Offenen Brief initiiert hatte, der geballte Frust der Hebammen entgegen: die Stadt habe das Problem einfach weitergereicht, nach Berlin! Na und? In Berlin seien sie selbst schon vielfach gewesen, bei der Frauenministerin von der Leyen – vor Jahren also -, bei den aufeinanderfolgenden Gesundheitsministern, ja bei der Kanzlerin selbst – und ??? Nichts sei geschehen! Niemand habe gesagt, die freien Hebammen seien überflüssig, an allen Stellen zeige man Verständnis, aber geschehen sei nichts, außer dass die Versicherungsbeiträge Jahr für Jahr gestiegen seien und inzwischen Höhen erreicht hätten, die bereits viele freie Hebmannen zum Aufgeben gezwungen hätten. Viele seien hoch verschuldet, ausgebrannt, erschöpft von einem nun schon Jahre dauernden Kampf um ihre Existenz.

Für die freien Hebammen ist nicht einsehbar, dass der Freiburger Gemeinderat nicht vor Ort nach Lösungen sucht, weil das von ihm beschlossene Konzept der FRÜHEN HILFEN ja gerade auf die Hebammen setze, die die Betreuung junger Mütter und ihrer Kinder, junger Familien nach einer Geburt übernehmen. Diese „aufsuchende“ Hilfe sei so wichtig, weil sie niederschwellig sei und frühzeitig helfend, ratend und schützend eingreifen könne. Wer ein solches Konept beschließe und fördere, müsse auch dafür sorgen, dass der Berufsstand der freien Hebammen geschützt werde, damit die Frauen wählen können, wie und mit wessen Hilfe ihre Kinder zur Welt kommen und wer ihnen, bzw. der jungen Familie vor und nach der Geburt beisteht.

In Freiburg seien fünf Prozent der Geburten Hausgeburten, brauchten also die freien Hebammen. Deshalb muss das Problem doch in den Gemeinderat und dort ernsthaft diskutiert werden. Der Vorschlag, dass im Haushalt 100.000 € jährlich eingestellt werden, wird in der Freiburger Politik und Öffentlichkeit als „illusorisch“ beurteilt. Das mag sein, aber in einer Stadt, wo der Gemeinderat mit dem Gedanken umgeht, für einen Stadionneubau eine 300.000 €-Bürgschaft schlankweg zu übernehmen, müssen sich die Bürgerinnen und Bürger doch fragen: Was sind Freiburg seine Hebammen wert?

Die Unabhängigen Frauen Freiburg werden das Thema in den neuen Gemeinderat tragen und dranbleiben, und die Freiburgerinnen und Freiburger werden hoffentlich die protestierenden Hebammen weiter lautstark unterstützen. Ohne immer neue Anstöße wird sich so schnell nichts ändern!